Die alte Lesehalle
Von der Lesehalle zum Kultur- und Tagungszentrum
Die alte Lesehalle
Von der Lesehalle zum Kultur- und Tagungszentrum
Mit der Erbauung der Lesehalle bekam der Markt Murnau, der sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts zu einem bedeutenden Fremdenverkehrsort entwickelte, erstmals ein spezifisches Gebäude. Entsprechend den Bedürfnissen des Fremdenverkehrs war 1898 ein sog. Lesezimmer in der Badeanstalt eingerichtet worden. Seit 1910 existierte ein Lesezimmer, das während der Sommersaison geöffnet war, in einem Gebäude im Untermarkt. 1932 erwarb der Markt Murnau den fünf Tagwerk umfassenden Kapferanger. In den Protokollen des Kurbad- und Fremdenverkehrsvereins finden sich erstmals zum 12. Oktober 1933 Hinweise auf konkrete Planungen für die Bebauung. Architekt Josef Riedl erstellte einen Baulinienplan. Die Ausschreibung endete mit den Worten: „Oberbayerische Almhüttenarchitektur ist ausgeschlossen."(1)
Die Entscheidung für den Bau eines Kurgebäudes fiel in einem engeren Wettbewerb, bei dem der Entwurf von Gustav Reutter (1894–1971) den 1. Preis errang. Der an der Kreuzung Kohlgruber Straße/Burggraben stehende alte Salzstadel wurde abgebrochen und die Straßenführung verändert. Interessant ist, dass schon in diesem Zusammenhang eine Umgehungsstraße angedacht war. Ein Artikel in der „Deutschen Bauzeitung" von 1936 würdigte das Gebäude als „schlicht" und eine „äußerst wirtschaftliche Lösung".(2)
Bild: Eingangsbereich der Lesehalle, ca. 1950. Auf den Tafeln wurden Autofahrten u.a. zu den Königsschlössern angeboten. (Schloßmuseum Murnau, Bildarchiv)

Mit der Erbauung der Lesehalle bekam der Markt Murnau, der sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts zu einem bedeutenden Fremdenverkehrsort entwickelte, erstmals ein spezifisches Gebäude. Entsprechend den Bedürfnissen des Fremdenverkehrs war 1898 ein sog. Lesezimmer in der Badeanstalt eingerichtet worden. Seit 1910 existierte ein Lesezimmer, das während der Sommersaison geöffnet war, in einem Gebäude im Untermarkt. 1932 erwarb der Markt Murnau den fünf Tagwerk umfassenden Kapferanger. In den Protokollen des Kurbad- und Fremdenverkehrsvereins finden sich erstmals zum 12. Oktober 1933 Hinweise auf konkrete Planungen für die Bebauung. Architekt Josef Riedl erstellte einen Baulinienplan. Die Ausschreibung endete mit den Worten: „Oberbayerische Almhüttenarchitektur ist ausgeschlossen."(1)
Die Entscheidung für den Bau eines Kurgebäudes fiel in einem engeren Wettbewerb, bei dem der Entwurf von Gustav Reutter (1894–1971) den 1. Preis errang. Der an der Kreuzung Kohlgruber Straße/Burggraben stehende alte Salzstadel wurde abgebrochen und die Straßenführung verändert. Interessant ist, dass schon in diesem Zusammenhang eine Umgehungsstraße angedacht war. Ein Artikel in der „Deutschen Bauzeitung" von 1936 würdigte das Gebäude als „schlicht" und eine „äußerst wirtschaftliche Lösung".(2)
Bild: Eingangsbereich der Lesehalle, ca. 1950. Auf den Tafeln wurden Autofahrten u.a. zu den Königsschlössern angeboten. (Schloßmuseum Murnau, Bildarchiv)
Am Sonntag, den 8. Juli 1934 fand die Eröffnung des Kurgebäudes statt. Mit dem Neubau bestand nun die Möglichkeit, die Einrichtungen zur Förderung des Fremdenverkehrs zeitgemäß unterzubringen.
„Das Verkehrsgebäude fand, besonders auch bei den Sommergästen, vollstes Lob und der Kursaal hat sich bei einigen Veranstaltungen und Ausstellungen sehr gut bewährt", schrieb die Lokalzeitung am 22. November 1934."
Bild: Gartenfront der Lesehalle, um 1935 (Schloßmuseum Murnau, Bildarchiv)

Am Sonntag, den 8. Juli 1934 fand die Eröffnung des Kurgebäudes statt. Mit dem Neubau bestand nun die Möglichkeit, die Einrichtungen zur Förderung des Fremdenverkehrs zeitgemäß unterzubringen.
„Das Verkehrsgebäude fand, besonders auch bei den Sommergästen, vollstes Lob und der Kursaal hat sich bei einigen Veranstaltungen und Ausstellungen sehr gut bewährt", schrieb die Lokalzeitung am 22. November 1934."
Bild: Gartenfront der Lesehalle, um 1935 (Schloßmuseum Murnau, Bildarchiv)

Umgangssprachlich hieß das Gebäude mit seinem charakteristischen Türmchen „Lesehalle". Von hier starteten auch Ausflugsfahrten mit dem Bus der „Murnauer Omnibusgesellschaft".
Bild: Wagen der „Murnauer Omnibusgesellschaft" mit 32 Sitzplätzen vor der Lesehalle, 1936 (Marktarchiv Murnau)
Umgangssprachlich hieß das Gebäude mit seinem charakteristischen Türmchen „Lesehalle". Von hier starteten auch Ausflugsfahrten mit dem Bus der „Murnauer Omnibusgesellschaft".
Bild: Wagen der „Murnauer Omnibusgesellschaft" mit 32 Sitzplätzen vor der Lesehalle, 1936 (Marktarchiv Murnau)
Wie im Eröffnungsbericht von 1934 angekündigt, boten Lesehalle und Kurgarten zudem einen geeigneten Rahmen für Veranstaltungen der NSDAP, wie z.B. Schulungen. Groß inszeniert wurden Feiern wie die sog. Heldengedenkstunde am 5. Oktober. 1941.(3)
Bild: Heldengedenkstunde am 5. Oktober 1941. Die Gartenfront der Lesehalle war in schwarz verkleidet, überragt von dem markigen Spruch „Deutschland muß leben". (Marktarchiv Murnau)

Wie im Eröffnungsbericht von 1934 angekündigt, boten Lesehalle und Kurgarten zudem einen geeigneten Rahmen für Veranstaltungen der NSDAP, wie z.B. Schulungen. Groß inszeniert wurden Feiern wie die sog. Heldengedenkstunde am 5. Oktober. 1941.(3)
Bild: Heldengedenkstunde am 5. Oktober 1941. Die Gartenfront der Lesehalle war in schwarz verkleidet, überragt von dem markigen Spruch „Deutschland muß leben". (Marktarchiv Murnau)
Nach ihrem Einmarsch am 29. April 1945 richteten sich die Amerikaner im Kurgebäude den „Hill Top Club" ein. Für die einheimische Bevölkerung war der Club „off limits". Als Kapellmeister wirkte dort der Komponist Franz Grothe. (Von Grothe stammt die Musik zu rund 170 Unterhaltungsfilmen wie z.B. „Das Wirtshaus im Spessart"). Ende 1947 wurde der „Hill Top Club" in den Barbarakeller verlegt.4 Am 6. Juni 1945 fand in der Lesehalle ein polnisches Theater statt.(5)
Nach dem Auszug der Amerikaner erfuhr der Lesesaal 1953 eine weitere Ausgestaltung und wurde „durch Beschaffung einer festen Bestuhlung auch für Veranstaltungen benutzbar gemacht." Zehn Jahre später erfolgte eine Renovierung und Neugestaltung des Lesesaals.
Ende November 1947 wurde die erste Kunstausstellung nach dem Zweiten Weltkrieg eröffnet. Im Zeitraum von Dezember 1947 bis Ende 1948 fanden fünf Kunstausstellungen statt. Sie zeugen sowohl von einem beeindruckenden kulturellen Engagement als auch von einem reichen künstlerischen Schaffen in Murnau. So hieß es bereits 1948 im Jahresbericht des Marktes Murnau:
„Weit über die Grenzen des Landkreises haben die Kunstausstellungen in Murnau Bedeutung und Anerkennung gefunden. Besonders lobend hat sich Staatssekretär Sattler vom bayer. Kultusministerium ausgesprochen. Insgesamt fanden 4 Ausstellungen der Malerei, Plastik und Graphik statt."
Bild: Deutsche Bedienungen vor dem Hill Top Club in der Lesehalle. (Privatbesitz)
Nach ihrem Einmarsch am 29. April 1945 richteten sich die Amerikaner im Kurgebäude den „Hill Top Club" ein. Für die einheimische Bevölkerung war der Club „off limits". Als Kapellmeister wirkte dort der Komponist Franz Grothe. (Von Grothe stammt die Musik zu rund 170 Unterhaltungsfilmen wie z.B. „Das Wirtshaus im Spessart"). Ende 1947 wurde der „Hill Top Club" in den Barbarakeller verlegt.4 Am 6. Juni 1945 fand in der Lesehalle ein polnisches Theater statt.(5)
Nach dem Auszug der Amerikaner erfuhr der Lesesaal 1953 eine weitere Ausgestaltung und wurde „durch Beschaffung einer festen Bestuhlung auch für Veranstaltungen benutzbar gemacht." Zehn Jahre später erfolgte eine Renovierung und Neugestaltung des Lesesaals.
Ende November 1947 wurde die erste Kunstausstellung nach dem Zweiten Weltkrieg eröffnet. Im Zeitraum von Dezember 1947 bis Ende 1948 fanden fünf Kunstausstellungen statt. Sie zeugen sowohl von einem beeindruckenden kulturellen Engagement als auch von einem reichen künstlerischen Schaffen in Murnau. So hieß es bereits 1948 im Jahresbericht des Marktes Murnau:
„Weit über die Grenzen des Landkreises haben die Kunstausstellungen in Murnau Bedeutung und Anerkennung gefunden. Besonders lobend hat sich Staatssekretär Sattler vom bayer. Kultusministerium ausgesprochen. Insgesamt fanden 4 Ausstellungen der Malerei, Plastik und Graphik statt."
Bild: Deutsche Bedienungen vor dem Hill Top Club in der Lesehalle. (Privatbesitz)
Auffallend ist das breite Spektrum an Künstlerinnen und Künstlern. Zu den Teilnehmern gehörten u.a. Josef Kienlechner, Luise Klempt, Rudolf Lanzinger, Gabriele Münter, Rudolf Pfefferer, Hans Sponnier und Walter Teutsch.
In den folgenden Jahren fanden Kunstausstellungen in lockeren Abständen statt. 1961 begann eine „Reihe von laufenden Kollektivschauen der in Murnau ansässigen Künstlerschaft". Nach einer Ausstellung mit Malerei von Gustav Reutter folgte die nächste mit Werken von Lena Gierl, Gabriele Münter und Rudolf Pfefferer. Der Murnauer Künstlerkreis unter Vorsitz von Gustav Reutter beschloss 1963 die Durchführung weiterer Ausstellungen in dem neu gestalteten Lesesaal. Als erste fand eine Kollektivausstellung von Prof. Fritz Becker, Riedhausen, statt, die von über 1000 Personen besucht wurde.(6)
Bild: Entwurf von Gustav Reutter zur Erweiterung des Kurgebäudes und Gestaltung des Kurparks, 1962, nicht ausgeführt. (Marktarchiv Murnau, Plansammlung)

Auffallend ist das breite Spektrum an Künstlerinnen und Künstlern. Zu den Teilnehmern gehörten u.a. Josef Kienlechner, Luise Klempt, Rudolf Lanzinger, Gabriele Münter, Rudolf Pfefferer, Hans Sponnier und Walter Teutsch.
In den folgenden Jahren fanden Kunstausstellungen in lockeren Abständen statt. 1961 begann eine „Reihe von laufenden Kollektivschauen der in Murnau ansässigen Künstlerschaft". Nach einer Ausstellung mit Malerei von Gustav Reutter folgte die nächste mit Werken von Lena Gierl, Gabriele Münter und Rudolf Pfefferer. Der Murnauer Künstlerkreis unter Vorsitz von Gustav Reutter beschloss 1963 die Durchführung weiterer Ausstellungen in dem neu gestalteten Lesesaal. Als erste fand eine Kollektivausstellung von Prof. Fritz Becker, Riedhausen, statt, die von über 1000 Personen besucht wurde.(6)
Bild: Entwurf von Gustav Reutter zur Erweiterung des Kurgebäudes und Gestaltung des Kurparks, 1962, nicht ausgeführt. (Marktarchiv Murnau, Plansammlung)
Gustav Reutter entwarf 1962 Pläne zur Erweiterung des bestehenden Kurgebäudes. Vorgesehen waren eine Aufstockung der Lesehalle, wobei dieser das charakteristische Türmchen zum Opfer gefallen wäre, sowie ein zweistöckiger Anbau an der Westseite. Diese Pläne fanden keine Verwirklichung.(7) Die regelmäßigen Ausstellungen in den Sommermonaten waren zu einem festen Bestandteil im kulturellen Leben des Ortes geworden. Diese Tradition wurde bis zum Abbruch der Lesehalle 1975 mit regelmäßigen jährlichen Kunstausstellungen fortgeführt.
Kurzfassung des Beitrags von Dr. Marion Hruschka, veröffentlicht in: 150 Jahre Verschönerungsverein Murnau e.V. 1868-2018, hgg. vom Verschönerungsverein Murnau 2018, S. 121-140.
Anmerkungen:
1 Marktarchiv Murnau, B Sitzungsprotokolle des Kurbad- und Fremdenverkehrsvereins.
2 Marktarchiv Murnau, Deutsche Bauzeitung Nr. 39 vom 23. 9.1936. Vgl. Ausstellungstafeln 2003.
3 Marktarchiv Murnau, A XIV 1940–1941.
4 Marion Hruschka: Nachkriegsjahre, in: Markt Murnau am Staffelsee, Beiträge zur Geschichte Band 1, hgg. vom Markt Murnau am Staffelsee, St. Ottilien 2002, S. 118–130, hier S. 123f.
5 Marktarchiv Murnau, EAP 13/4 (1945–1951).
6 Marktarchiv Murnau, Jahresberichte des Marktes Murnau 1961, 1963 (Ziffer 311).
7 Marktarchiv Murnau, Plansammlung, Entwürfe Gustav Reutter.