DIE EMANUEL-VON-SEIDL-SCHULE

Liebe Freunde des kultURKNALLs,

1909 war die Debatte in Murnau groß. Der Gemeinderat in Murnau trug sich mit dem Gedanken, ein neues Mädchenschulhaus zu errichten. Das alte Schulhaus im Schloss, in dem Knaben und Mädchen unterrichtet wurden, platzte aus allen Nähten. Außerdem war dort auch eine moderne „Kinderbewahranstalt" untergebracht – heute würde man eher Kindergarten sagen. Es musste also Abhilfe geschaffen werden und so fragte man den großen Architekten Professor Emanuel Ritter von Seidl, ob er nicht einen Schulneubau planen könne. Seidl – mit all seiner Hingabe zu Murnau – sagte dem damaligen Bürgermeister Xaver Resch zu, die Pläne kostenlos anzufertigen.

Der Ansichts-Plan von Emanuel von Seidl (25. Oktober 1909) zeigt die „Schauseite" der Schule auf der Nordwest-Seite. Verschiedene Fensterformen lockern die Fassade auf und bieten den Kindern in den „mächtigen Gängen" genug Licht für den Pausenaufenthalt. Zierstücke des steilen Daches sind drei Gauben. Der Haupteingang zur Schule (links) ist über eine Treppe zu erreichen.

Liebe Freunde des kultURKNALLs,

1909 war die Debatte in Murnau groß. Der Gemeinderat in Murnau trug sich mit dem Gedanken, ein neues Mädchenschulhaus zu errichten. Das alte Schulhaus im Schloss, in dem Knaben und Mädchen unterrichtet wurden, platzte aus allen Nähten. Außerdem war dort auch eine moderne „Kinderbewahranstalt" untergebracht – heute würde man eher Kindergarten sagen. Es musste also Abhilfe geschaffen werden und so fragte man den großen Architekten Professor Emanuel Ritter von Seidl, ob er nicht einen Schulneubau planen könne. Seidl – mit all seiner Hingabe zu Murnau – sagte dem damaligen Bürgermeister Xaver Resch zu, die Pläne kostenlos anzufertigen.

Der Ansichts-Plan von Emanuel von Seidl (25. Oktober 1909) zeigt die „Schauseite" der Schule auf der Nordwest-Seite. Verschiedene Fensterformen lockern die Fassade auf und bieten den Kindern in den „mächtigen Gängen" genug Licht für den Pausenaufenthalt. Zierstücke des steilen Daches sind drei Gauben. Der Haupteingang zur Schule (links) ist über eine Treppe zu erreichen.

Das Grundstück – der so genannte „Reitergarten" – war schon gekauft, die Stelle recht exponiert. In intensiven Gesprächen mit Bürgermeister Resch und dem Orden der Armen Schulschwestern (der die Mädchenschulleitung übernehmen sollten) drängte Seidl darauf, dass der Neubau und die benachbarte „Kirche als Monumentalbau" zusammen ein „günstiges Gesamtbild bieten müssen". Das Schulgebäude müsse schräg zur Kirche stehen – in keinem Falle senkrecht! – um auch von der Durchgangsstraße her ein stimmiges Bild abzugeben. Der Kunsthistoriker Georg Jakob Wolf (1882 - 1936) stellte einmal bewundernd fest, dass die stattliche Murnauer Mädchenschule „fast eine Stadtkrone wurde".

Das Grundstück – der so genannte „Reitergarten" – war schon gekauft, die Stelle recht exponiert. In intensiven Gesprächen mit Bürgermeister Resch und dem Orden der Armen Schulschwestern (der die Mädchenschulleitung übernehmen sollten) drängte Seidl darauf, dass der Neubau und die benachbarte „Kirche als Monumentalbau" zusammen ein „günstiges Gesamtbild bieten müssen". Das Schulgebäude müsse schräg zur Kirche stehen – in keinem Falle senkrecht! – um auch von der Durchgangsstraße her ein stimmiges Bild abzugeben. Der Kunsthistoriker Georg Jakob Wolf (1882 - 1936) stellte einmal bewundernd fest, dass die stattliche Murnauer Mädchenschule „fast eine Stadtkrone wurde".

Nachdem auch der Schulgarten fertiggestellt war, fand am 12. September 1911 die feierliche Einweihung des neuen Mädchenschulhauses statt. (Da am Ende für den Garten das Geld nicht mehr reichte, spendete Xaver Resch, in der Zwischenzeit Altbürgermeister, großzügig Summe um Summe, bis alles fertig war. Ihm zu Ehren hat der Murnauer Magistrat nach seinem Tod die Reschstraße benannt.)

Im Schulgarten wuchsen Obst und Gemüse, die Schulschwestern und der Murnauer Gärtnermeister Johann Müßig betreuten Rosenbeete und Spaliere, die Kinderspielkasten und die jungen Bäume.

Nachdem auch der Schulgarten fertiggestellt war, fand am 12. September 1911 die feierliche Einweihung des neuen Mädchenschulhauses statt. (Da am Ende für den Garten das Geld nicht mehr reichte, spendete Xaver Resch, in der Zwischenzeit Altbürgermeister, großzügig Summe um Summe, bis alles fertig war. Ihm zu Ehren hat der Murnauer Magistrat nach seinem Tod die Reschstraße benannt.)

Im Schulgarten wuchsen Obst und Gemüse, die Schulschwestern und der Murnauer Gärtnermeister Johann Müßig betreuten Rosenbeete und Spaliere, die Kinderspielkasten und die jungen Bäume.

Und so kam es, dass sich auf zahlreichen Kandinsky- und Münter-Bildern das Schulhaus wiederfindet, denn es lag ja in direkter Sichtrichtung.

Ab 1933 versuchte die NS-Regierung, den Einfluss der klösterlichen Lehrkräfte auf die Schüler zu unterbinden. Die Schulleiterin wurde 1936 entlassen, es folgten 1938 die übrigen Schwestern. 1945 diente das Schulhaus zunächst als Lazarett, dann als Flüchtlingsquartier. Nach Kriegsende zogen nach Gemeinderatsbeschluss die Schulschwestern unter schwierigsten Bedingungen wieder ins Mädchenschulhaus ein.

Irgendwann platze auch der Neubau aus allen Nähten: Also wurde der Architekt Robert Reutter im November 1953 mit einer Erweiterungsplanung beauf¬tragt. Die Aufsichtsbehörde lehnte jedoch die eingereichten Pläne mit der Begründung ab, dass ein im Seidl'schen Stil erbautes Schulhaus nicht modern erweitert werden könne. Nach den Vorstellungen der Behörde sollte eine in sich geschlossene moderne Neuanlage entstehen. Diese wurde dann im September 1958 fertiggestellt. „Mit der Neuanlage wurde eine Bildungsstätte geschaffen, die über die Erfordernisse des modernen Schulbetriebes hinaus den Kindern Licht, Luft und Sonne gewährt." Die 14 Klassen der katholischen Knaben- und Mädchenschule waren nun alle am Mayr-Graz-Weg untergebracht. Jede Klasse verfügte jetzt über einen modern eingerichteten Schulraum. Im Schloss verblieben die vier Klassen der evangelischen Bekenntnisschule.

Und so kam es, dass sich auf zahlreichen Kandinsky- und Münter-Bildern das Schulhaus wiederfindet, denn es lag ja in direkter Sichtrichtung.

Ab 1933 versuchte die NS-Regierung, den Einfluss der klösterlichen Lehrkräfte auf die Schüler zu unterbinden. Die Schulleiterin wurde 1936 entlassen, es folgten 1938 die übrigen Schwestern. 1945 diente das Schulhaus zunächst als Lazarett, dann als Flüchtlingsquartier. Nach Kriegsende zogen nach Gemeinderatsbeschluss die Schulschwestern unter schwierigsten Bedingungen wieder ins Mädchenschulhaus ein.

Irgendwann platze auch der Neubau aus allen Nähten: Also wurde der Architekt Robert Reutter im November 1953 mit einer Erweiterungsplanung beauf¬tragt. Die Aufsichtsbehörde lehnte jedoch die eingereichten Pläne mit der Begründung ab, dass ein im Seidl'schen Stil erbautes Schulhaus nicht modern erweitert werden könne. Nach den Vorstellungen der Behörde sollte eine in sich geschlossene moderne Neuanlage entstehen. Diese wurde dann im September 1958 fertiggestellt. „Mit der Neuanlage wurde eine Bildungsstätte geschaffen, die über die Erfordernisse des modernen Schulbetriebes hinaus den Kindern Licht, Luft und Sonne gewährt." Die 14 Klassen der katholischen Knaben- und Mädchenschule waren nun alle am Mayr-Graz-Weg untergebracht. Jede Klasse verfügte jetzt über einen modern eingerichteten Schulraum. Im Schloss verblieben die vier Klassen der evangelischen Bekenntnisschule.

Zwei Volksentscheide vom Herbst 1967 hatten sich für die Abschaffung der Konfessionsschulen ausgesprochen. Aufgrund der Regierungsentschließung vom 9. Juli 1969 erfolgte die Auflösung der drei bestehenden Volksschulen, nämlich der katholischen Knabenschule, der katholischen Mädchenschule und der christlichen Gemeinschaftsschule. Die Neuregelung führte zur Errichtung einer Grundschule (1.-4. Schuljahr) und einer Hauptschule (5.-9. Schuljahr). Die Hauptschule zog in den Neubau in der Weindorferstraße (ab 1980), die Grundschule verblieb bis heute am Mayr-Graz-Weg. Es gab dann im Jahr 2000 noch einen Umbau, und mittlerweile sind die beiden Schulhaus-Trakte über ein Glas-Verbindungselement miteinander verbunden. Im Schuljahr 2022/23 unterrichtet ein Team aus 12 Klassenlehrkräften und 13 Fachlehrkräften (in allen Jahrgangsstufen dreizügig) insgesamt 285 Kinder. Und auch der Schulgarten wird – in bester Tradition des alten Reitergartens – weiterhin liebevoll gepflegt.

 

Detaillierte geschichtliche Informationen zur Seidlschule finden Sie u.a. in: Dr. Marion Hruschka: Markt Murnau am Staffelsee - Band 1, EOS Verlag 2002.

Details zum Schulbau hat ausführlichst und sehr lesenswert Irene Dütsch im Jahrbuch des Historischen Vereins Murnau am Staffelsee 2006 beschrieben.

Zwei Volksentscheide vom Herbst 1967 hatten sich für die Abschaffung der Konfessionsschulen ausgesprochen. Aufgrund der Regierungsentschließung vom 9. Juli 1969 erfolgte die Auflösung der drei bestehenden Volksschulen, nämlich der katholischen Knabenschule, der katholischen Mädchenschule und der christlichen Gemeinschaftsschule. Die Neuregelung führte zur Errichtung einer Grundschule (1.-4. Schuljahr) und einer Hauptschule (5.-9. Schuljahr). Die Hauptschule zog in den Neubau in der Weindorferstraße (ab 1980), die Grundschule verblieb bis heute am Mayr-Graz-Weg. Es gab dann im Jahr 2000 noch einen Umbau, und mittlerweile sind die beiden Schulhaus-Trakte über ein Glas-Verbindungselement miteinander verbunden. Im Schuljahr 2022/23 unterrichtet ein Team aus 12 Klassenlehrkräften und 13 Fachlehrkräften (in allen Jahrgangsstufen dreizügig) insgesamt 285 Kinder. Und auch der Schulgarten wird – in bester Tradition des alten Reitergartens – weiterhin liebevoll gepflegt.

 

Detaillierte geschichtliche Informationen zur Seidlschule finden Sie u.a. in: Dr. Marion Hruschka: Markt Murnau am Staffelsee - Band 1, EOS Verlag 2002.

Details zum Schulbau hat ausführlichst und sehr lesenswert Irene Dütsch im Jahrbuch des Historischen Vereins Murnau am Staffelsee 2006 beschrieben.